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Das Schwimmen im Meer ist eine Novität für mich. Der Test am Vorabend hat mich noch verunsichert. Hoher Wellengang und Schwierigkeiten beim Orientieren um nicht zu viel Salzwasser in den Mund zu bekommen. Aber heute ist das Meer ruhig. Immer wieder treiben in meinem Gesichtsfeld große weiße Quallen herum. Kein Problem und ungiftig hat man uns bei der Wettkampfbesprechung versichert. Nach dem Rennen werde ich erfahren, dass der Hautkontakt für Allergiker doch problematisch sein kann. Der Bruder vom Twitterfreund Guracell hat aufgrund einer allergischen Reaktion aufgeben müssen. Ich fühle mich wohl im Meer, Boje um Boje zieht an mir vorbei. Nach 2 km gibt es einen kurzen Strandgang um den Zuschauern die Athleten zeigen zu können. Klaudia und Anna feuern mich kräftig an, als ich zur zweiten Runde aufbreche. In den letzten Wochen habe ich meine bescheidenen Trainingsumfänge doch gesteigert, zum ersten Mal habe ich Energie durch ein paar kräftige Armzügen den einen oder anderen Mitstreiter zu überholen.

Nach 1:10h steige ich aus dem Wasser. Wahnsinn, es ist eine für mich großartige Zeit. Ein langer Laufweg zur Radzone, ein problemloses flottes Wechseln und ein langer Laufweg mit dem Rad aus der Wechselzone. Es ist eng und in diesem Bereich schwierig langsamere Triathleten zu überholen. Mein Argon18 schnurrt wie ein Kätzchen und nach ein paar Kurven habe ich Cervia hinter mir gelassen und nehme Fahrt auf. „Locker bleiben, locker bleiben“ hämmert es in meinem Kopf. Die Strecke ist dicht bevölkert und oft ist es nicht möglich die laut Reglement erforderlichen Abstände von 12 Metern zum Vordermann einzuhalten. Nach 40 Kilometern ist die einzige Steigung zu überwinden Eingebettet in schöner Landschaft schlängelt sich die Straße zu einem kleinen, idyllischen Dorf hoch, ehe wir wieder Kurs auf Cervia nehmen. 34km/h zeigt der Tacho nach der ersten Runde. Wow, ich traue mich gar nicht den möglichen Radsplit auszurechnen. 

Dann kommt bei 100km der Knick. Etwas achtlos geworden und ca. 6 bis 8 Meter hinter dem Vordermann taucht neben mir der Motorradfahrer mit dem Schiedsrichter auf und zeigt mir die blaue Karte. Keine Frage, sie ist gerechtfertigt, aber trotzdem ärgerlich, da kaum jemand in meinem Leistungsbereich durchgehend vorschriftsmäßig den Abstand halten kann. Blaue Karte bedeutet sich beim nächsten Schiedsrichterzelt zu melden und eine 5 minütige Zeitstrafe abzusitzen. Ich versuche ruhig zu bleiben, ärgere mich aber schon. Denen zeige ich es aber, denke ich mir. Und trete kraftvoll in die Pedale. Ich werde die 5 Minuten aufholen! Ein Fehler, wie ich nachträglich analysieren werde.

IMItaly 2018 Rad

Auf den letzten 20 Kilometern ist der Gegenwind kräftiger geworden. Bei der letzten Verpflegungsstelle ist das Wasser knapp, eine Traube von Triathleten schart sich um einen Helfer und reißen ihm die gerade herangebrachten Wasserflaschen aus den Händen. Ich habe noch etwas Isotstar in meiner Trinkflasche und verzichte darauf aufzufüllen. Ein weiterer Fehler. Mit dem Gegenwind rasselt die Tachoanzeige auf unter 30km/h und erschöpft steige ich nach 5 Stunden und 35 Minuten vom Rad.

Aber jetzt kommt meine Paradedisziplin. Engagiert laufe ich nach der Wechzelszone los, aber schon nach wenigen Kilometern werde ich langsamer. Bei meinen bisherigen Langdistanzen konnte ich zumindest bis zur Hälfte problemlos durchlaufen, aber heute lege ich schon bei der ersten Verpflegungsstation eine Gehpause ein. Verdammt, noch 40km und schon so kaputt. Das wird heute nix und es wird meine letzte Langdistanz sein. Nach dem Rennen werde ich mir sofort meine Gedanken aufschreiben und vor einer nächsten möglichen Anmeldung durchlesen. Großes Ehrenwort!

Im Zentrum von Cervia stehen meine Supporter, das gibt wieder Kraft. Aufgrund des flauen Gefühls im Magen wage ich es nicht mehr Gels anzunehmen. Am Beginn der Verpflegungsstationen lasse ich mich mit Wasser abspritzen, schütte einen Becher Eiswürfel zwischen Rücken und Trianzug, dann nehme ich Wasser, Cola, und gelegentlich Redbull, zum Schluss drücke ich noch Wasserschwämme über meinen Kopf aus. 28 Grad, viel Sonne und kaum Schatten, so heiß hatte ich es noch nie. So kämpfe ich mich von Verpflegungsstation zu Verpflegungsstation. In der zweiten Runde steigt die Zuversicht aufs Finish und ansatzweise kann man wieder von einem Laufrhythmus sprechen. 

Klaudia, Anna und Benjamin sind jeweils an 2 Positionen platziert und geben alles. Schon von weitem winken und rufen sie mir zu und ich sauge gierig die Anfeuerungen auf und klatsche sie ab. In der zweiten Runde begleite mich Anna ein Stück und gibt mir einen Zwischenstand durch. Dritte Position und 12 Minuten hinter dem Ersten. Ein kurzer Energieschub, aber nach 2 Kilometern merke ich, dass ich heute nicht zusetzen. Aber die Zuversicht steigt das Rennen würdig zu Ende zu bringen. Drei mal laufe ich sehnsüchtig an der Stelle vorbei, wo man nach vier Runden in den Zielkanal einbiegen kann und dann ist es auch für mich soweit. Während der vierten Runde und schon brennenden Beine sage ich es mir immer wieder vor : „Das ziehst du durch, das ziehst du durch, das …“

Die Dämmerung hat schon eingesetzt, als der rote Teppich auftaucht. Rasch bewegende Lichtkegel huschen auf und ab und erzeugen Partystimmung. Nochmals jubeln mir meine Frau Klaudia, meine Tochter Anna und ihr Freund Benjamin zu und ich nähere mich mit erhobenen Armen dem Ziel. Zum fünften Mal sauge ich die großartige Stimmung beim Überqueren der Ziellinie auf. Und schon jetzt bin ich mir nicht sicher, ob es meine letzte Langdistanz gewesen ist. Aber gut, auch die geliebten Rockbands meiner Jugend waren schon mehrmals auf Abschiedstournee.

Und eins noch : Wenige Minuten nach dem Finish hält Benjamin bei mir um die Hand meiner Tochter Anna an. Wer kann in solch einer Stimmung schon nein sagen ;-) Aber wehe, er passt nicht gut auf sie auf.

Ergebnis : Franz Wolkowitsch Stnr 2693 M/60-64 3. Rang Verein: WHC X-Sport Vösendorf

Splits :

Schwimmen : 01:10:13
WZ1 : 7:30
Rad : 05:36:17
WZ2 : 4:39
Laufen : 04:05:17
Gesamt : 11:03:57


Weitere Ergebnisse : Ironman Italy Results 

Homepage des Veranstalters : Ironman Italy